Angesichts anhaltender Abwanderung hat Hettstedt laut „Hier!“ gerufen, als es im Herbst 2015 um die Verteilung von Flüchtlingen auf die Kommunen in Sachsen-Anhalt ging. Was ist daraus geworden? Ein Besuch bei Zuwanderern und denen, die sich um sie kümmern.
Hilfe für Migranten in Hettstedt: Der Chef des FC Hettstedt
Einmal ist ihnen einer ihrer Spieler umgekippt, erinnert sich Michael Thiesler. 20 Minuten vor Schluss der Partie gegen Wansleben. Sengende Hitze, die Sonne knallte auf den Rasen. Der junge Mann hatte nichts getrunken. Es war die Zeit des Ramadan, des muslimischen Fastenmonats. Als Muslim wollte er sich an die Regeln halten: Essen und trinken erst nach Sonnenuntergang.
„Wir haben daraus gelernt, dass wir für solche Fälle anders planen müssen“, sagt Thiesler, Geschäftsführer des FC Hettstedt. „Wir brauchen dann eben Ersatzspieler.“ Thiesler, 37, grinst, als er die Episode erzählt. Passiert sei damals nichts weiter. „Die Jungs sind alle hart im Nehmen.“
Seit der Neugründung nach einer Insolvenz im Juli 2015 spielen Flüchtlinge beim FC Hettstedt, Syrer, Iraker, Afghanen. Mittlerweile ist jeder zehnte in dem 161 Mitglieder zählenden Fußballverein ein Migrant: sieben kicken bei der Jugend, fünf in der zweiten, drei in der ersten Männermannschaft. Diese ist seitdem dreimal in Folge aufgestiegen - von der zweiten Kreisklasse in die Kreisoberliga. Ein Erfolg, der ohne Migranten in der Mannschaft gar nicht denkbar gewesen wäre, sagt Thiesler. „Ohne Flüchtlinge hätten wir damals gar keine Männermannschaft zusammenbekommen.“
Die Idee, Flüchtlinge sportlich zu integrieren, hatten sie beim FC Hettstedt schon von Anfang an. „Wir haben das als Chance gesehen“, sagt Thiesler. „Aber welche Hürden damit auf uns zukommen, das haben wir nicht geahnt.“ Die Sprachbarrieren ließen sich noch relativ einfach überwinden: ein bisschen Schulenglisch, Hände und Füße, später Fremdsprachen-Apps und natürlich Sprach- und Integrationskurse.
Als schwieriger erwies es sich anfangs, Lizenzen für die ausländischen Kicker zu bekommen. Es ließ sich nicht klären, erinnert sich Thiesler, wer schon in seiner Heimat organisiert gespielt hatte. Also musste der Fußballverband erst Anfragen an die Verbände in den Heimatländern richten. Doch die liefen angesichts von Krieg und Chaos dort ins Leere. Nach 30 Tagen wurden die Spielerlizenzen schließlich ausgestellt.
Als Migrant in Hettstedt: Der Fußballer
Eigentlich wollte Hussein Alkabib „nur mal gucken“. Sein Freund Murat hatte ihn überredet, mal mit zum Training zu kommen beim FC Hettstedt. Danach sagte der Trainer zu Hussein: Drei Monate Training, dann kannst du hier spielen. 2015 war das. Mittlerweile ist Alkabib, 24, Stürmer in der ersten Männermannschaft, in seinem zweiten Jahr war er sogar Torschützenkönig - 41 Treffer in 21 Partien. Sein sportliches Vorbild? „Ronaldo. Der macht alles allein!“
Dabei hat Alkabib in seiner Heimat Syrien nie gekickt. Er stammt aus einem Dorf am Rande der Großstadt Deir ez-Zor nahe der Grenze zum Irak. Vor dem Krieg floh seine Familie zunächst in den Libanon, Vater, Mutter...Lesen Sie den ganzen Artikel bei mz-web
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